Zwischen den Geschäften und Wohnhäusern an der Horster Straße blitzt die Halde Rungenberg hin und wieder auf. Einer der riesigen Scheinwerfer lässt von Weitem schon erkennen, dass die „Buersche Pyramide“ nicht bloß eine Halde ist.
Die vom Steinkohlenbergwerk Hugo aufgeschüttete Rungenberghalde ist heute ein beliebtes Naherholungsgebiet und Ausflugsziel für Touristen, interessierte Ruhrstädter und Menschen aus der direkten Nachbarschaft gleichermaßen.
In den kalten Wintern nach dem Zweiten Weltkrieg duldete die Zechenverwaltung den Kohlenklau der frierenden Menschen, die auf der qualmenden Halde mühsam nach Brennmaterial suchten. Anfang der 90er Jahre war die Halde Schauplatz der Protestaktion zum Zechenerhalt „Ja zu deutscher Kohle“, die 1995 in einem Fackelzug von 5.000 Menschen ihren Höhepunkt erreichte.
Schon zu dieser Zeit war die weitere Nutzung der Halde besiegelt: Hermann EsRichter und Klaus Noculak hatten den Wettbewerb „Wege 91“ der Internationalen Bauausstellung Emscher Park zur Gestaltung des Haldenplateaus gewonnen. Das Schweizer Architekturbüro Rolf Keller erhielt den Auftrag zur Gestaltung der Halde und auch zur Erweiterung der direkt an sie grenzende Siedlung Schüngelberg.
Eine schier endlos lange Treppe mit knapp 300 Stufen führt hinauf auf die terrassenförmig gestaltete Halde. Zugleich führt ein fünf Kilometer langer Rundweg durch grüne Natur zum Haldengipfel. Neben Spaziergängern mit Hunden, tobenden Kindern, waghalsigen Mountainbikern und sogar Reitern sind hier auch Botaniker und Kräuterkenner unterwegs, die sich an den Blüten, Gräsern, Sträuchern und Steinen zu schaffen machen. Da findet sich neben Brombeeren, Johanniskräutern und Spitzwegerich auch Sanddorn.
Alles rückt hier oben zusammen
Man sollte seinen Blick unbedingt schweifen lassen: Je höher man auf die Halde steigt, desto besser wird der Blick über das Ruhrgebiet. Da liegt direkt nebenan die imposante Schalkearena, weiter nördlich erkennt man die Hertener Halden Hoppenbruch und Hoheward mit ihrem Horizont-Observatorium. Im Westen ist der Tetraeder Bottrop gut zu erkennen, dahinter der Gasometer Oberhausen. Im Süden blickt der von den Gelsenkirchenern spöttisch „Horst“ genannte „Herkules“ von Markus Lüpertz in die Landschaft, dahinter reckt sich die Essener Skyline empor.
Wenn man die Augen feste zusammen kneift, erkennt man weiter links das Bergbaumuseum in Bochum. Und überall Fördertürme. Unten rauscht die A2. Die direkt bis an die Halde heran gebaute Siedlung Schüngelberg sowie Fördergerüst und Fördermaschine von Schacht Hugo 2 am Rande der Halde zeugen von Vergangenheit und Gegenwart des Gebiets.
Und dann nähert man sich dem Gipfel der Halde Rungenberg. Während im unteren Teil alles recht gepflegt grünt und blüht, wurden hier oben zwei Dreieckspyramiden aus schwarzem Bergematerial aufgeschüttet – ursprünglich. Hier macht sich die Natur mittlerweile ganz schön breit. Aus dem scheinbar toten Boden wachsen Pflänzchen bis hin zu größeren Sträuchern. Man möchte anfangen, das Kraut rauszuziehen – macht jemand mit?
Auf den beiden Gipfeln stehen die beiden vier Meter hohen Scheinwerfer wie Fernrohre oder bedrohliche Kanonen auf den Gipfeln. Der schmale und steile Weg hinauf lohnt sich sehr, man kann sich ganz wunderbar auf die massiven Fundamente setzen und gucken. Gegenüber sitzen zwei junge Frauen am Fuße des Scheinwerfers und quatschen.
Ein älterer Herr kommt den Weg hinauf und setzt sich ans andere Ende des Fundaments. Er raucht ein Zigarette und guckt. Und dann sitzt man da und fragt sich, warum man eigentlich auf die Halde geht. Die Antwort fällt ganz leicht: Weil man’s kann.
Wirklich gigantisch wird es auf der Halde Rungenberg nachts: Seit 1999 durchschneiden die Lichtstrahlen der beiden Scheinwerfer den Buerschen Nachthimmel. Während sich die Halde von Anfang an großer Beliebtheit erfreute, bestand lange Kritik gegenüber der Lichtinstallation „Nachtzeichen“, die ob ihrer Strahlkraft sowohl den Blick in den Sternenhimmel verhindert oder, verglichen mit der nächtlichen Lightshow am Pariser Eifelturm, einfach nur ein Funken zuviel Landmarkenshow ist.
Tipp: Die Siedlung Schüngelberg am Fuße der Halde Rungenberg ist sehr sehenswert. Bei einem Spaziergang trifft man auf nette Bewohner der Arbeitersiedlung und kann hier und dort einen Blick in die kleinen aber schönen Gärten werfen. Ein Rundgang ist ausgeschildert.
[Text und Fotos: Silke König]
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Wir finden den Ruhrpott einfach toll – auch und oft gerade wegen der vielen Klischees und Fördertürme.
Wir schauen nach, wie es sich lebt im Ruhrgebiet zwischen Großstadt und Halde, zwischen Acker und Industriekulisse, zwischen Kunstausstellung und Schrebergarten?
© Pottleben, 2024
2 Antworten
Hi, eine tolle Seite habt ihr, Glückwunsch.
Auf der Halde bin ich auch öfter und das Gestrüpp oben ist wirklich nicht mehr schön. Die ganze Idee der Halde geht verloren. Wer ist denn zuständig für die Pflege? Vielleicht sollte man sich mal erkundigen. Und wenn das nichts bringt, bin ich beim Roden gerne dabei!
Liebe Grüße
Hannah
Liebe Hannah, ganz vielen Dank für Dein Lob. Wahrscheinlich dürfen Haldenbesucher gar nicht Hand anlegen – aber es ist toll, dass Du mitmachen würdest. Wir werden in den nächsten Tagen einmal recherchieren, wer für die Grünpflege bzw. den Erhalt der Landmarke zuständig ist und schreiben es dann an dieser Stelle.
Viele liebe Grüße
die Macherinnen von Pottleben