Es ist Sommer, es ist heiß, die Kinder wollen Action und etwas Neues erleben. Also schauen wir die in den letzten Wochen gesammelten Flyer und Ausflugsideen durch und entscheiden uns für das Maislabyrinth ganz in unserer Nähe. Während die Kinder jubeln, sind wir Eltern überzeugt, dass das nun ein Spaß für den Nachwuchs wird und wir in so einem Labyrinth ja stets den Überblick behalten werden. Soweit die Theorie.
In der Ried, zwischen Herten und Marl, ist man auf dem Land. Felder soweit das Auge reicht, Bauernhöfe mit Pferdekoppeln lassen einen fast vergessen, dass das hier auch das Ruhrgebiet ist. Wir parken auf dem großen Parkplatz bei Bauer Südfeld und folgen den großen Schildern zum Maislabyrinth.
Ein sehr freundlicher Herr begrüßt uns am Eingang überschwänglich. Im Moment sei nicht so viel los. Er verrät, dass das Labyrinth ja eher klein ist und man nur gute 30 Minuten benötige, um die 5 Aufgaben zu erledigen. Aufgaben? Das soll doch hier ein Spaß sein. Ja, das sei es ja auch. Vor allem auf der riesigen Hüpfburg, die in der Mitte des Maislabyrinths stehe, haben immer alle sehr viel Spaß.
Wir schauen uns an und sind uns immer noch sicher, dass das hier ein Kinderspiel wird. Wir bezahlen den Eintritt und erhalten unser Aufgabenheft, das der Sohn sofort seinem Vater in die Hand drückt und losmarschiert.
Über den breiten Weg geht es hinein ins Labyrinth. Die Kinder schauen sich um und sind sich sicher, dass sie durch die Reihen schauen können. Nach einigen Schritten sind sie sich nicht mehr so sicher. An der ersten Gabelung lassen wir die Kinder entscheiden, wir Eltern schauen uns um und behalten den Überblick. Schnell kommen wir zu ersten Station „Hafer“. Dieser befindet sich in einem Eimer und wir reißen in unserem Aufgabenheft die entsprechende Schutzfolie ab und streuen den Hafer auf die Klebefläche. Das ist ja einfach. Wir gehen weiter.
Auch die zweite Station finden wir zügig. Jetzt ist der Roggen dran. Die Kinder vergleichen ihn mit dem bereits gesammelten Hafer und befühlen die Körner. Dann kleben sie auch den Roggen im Heft auf und wollen schnell weiter.
Mal geht es rechts rum, dann nach links. Regelmäßig landen wir in Sackgassen. Wir halten uns eher rechts und gehen irgendwann auf eine Baumreihe zu – die Grenze des Labyrinths. Wir halten uns wieder mehr links und wollen die Mitte des Maislabyrinths finden. Dort soll ja schließlich die Hüpfburg stehen. Doch wir haben das Gefühl, im Kreis zu laufen.
Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter, Kind und Baby auf dem Arm der Mutter kommt uns entgegen. Nein, sie stampft uns entgegen. Und der Vater murmelt so etwas wie „Hier waren wir schon fünfmal!“. Wir grinsen. Wir lassen nur einfach die Kinder vorgehen, auch wenn wir wissen, dass wir wir eigentlich nach links gehen müssten.
Dann erblicken die Kinder zwischen den Reihen der riesigen Maispflanzen eine weitere Station und laufen mitten rein. Der Mann rennt hinterher und ich stehe alleine da. Dann renne ich los, die anderen in Hörweite, rechts, geradeaus, zweimal links und erreiche die dritte Station in einer Sackgasse über den regulären Weg. Es ist: der Mais.
Wieder zurück kommt uns wieder die Familie entgegen. Jetzt schaut auch die Mutter nicht mehr so fröhlich. Wir haben weiterhin Spaß und … landen nach wenigen Minuten wieder beim Mais. Dann gehen wir eben nun links. Sackgasse. Rechts herum war doch gerade falsch. Aber wenn wir erst rechts und dann sofort links gehen, kommen wir wieder zum Mais.
Die Kinder lachen sich kaputt und wollen einfach wieder den regulären Weg verlassen und querfeldein laufen. Wir Eltern haben aber eine Strategie und erklären den Kindern, dass wir uns beim Loslaufen vor rund einer Stunde den Stand der Sonne gemerkt haben. Und demnach müssten wir uns nun rechts halten. Immerhin haben wir die Hüpfburg noch nicht gefunden und es gibt noch zwei weitere Aufgaben zu erledigen.
Unsere Strategie geht nicht auf. Wir laufen im Kreis. Immer und immer wieder landen wir an der Mais-Station. Und immer wieder treffen wir die Familie. Sie ignorieren uns noch immer. Dabei sitzen wir doch im selben Boot. Im Gegensatz zu ihnen finden wir es super, total die Orientierung zu verlieren und sich so richtig zu verirren.
Nach weiteren Runden, die uns nicht weiterbringen, ändern wir unsere Strategie des Try-and-Error. Wir gehen ein Stück zurück in Richtung Ausgang und biegen dann links ab. Und siehe da: Wir finden die nächste Station und kleben jetzt den Weizen ein. Die Kinder hören plötzlich verdächtige Geräusche. Da lachen doch Kinder! Sie gehen vor, links, rechts, wieder links. Dann stehen wir vor der Hüpfburg. Endlich.
Nach knapp zwei Stunden stellen wir durchgeschwitzt fest, dass die benannte „Mitte“ im Maislabyrinth nicht wirklich die Mitte ist bzw. wir das Labyrinth für viel größer gehalten haben, als es in Wirklichkeit ist. Egal, die Kinder haben noch genug Energie für eine kleine Runde auf der Hüpfburg. Wir Eltern füllen inzwischen an der letzten Station unser Aufgabenheft mit dem Weizen.
Der Weg zum Ausgang ist dann ein Kinderspiel. Der freundliche Herr freut sich, uns wiederzusehen. Zur Belohnung gönnen wir uns ein Eis und lassen uns noch einige Geschichten über Besucher erzählen, die in einer knappen Stunde alle Stationen absolvieren, einen Jungen, der wöchentlich komme und mittlerweile nur noch 30 Minuten brauche.
Da war aber einmal eine Familie, die sich wirklich sehr schlimm verirrt habe und erst nach über vier Stunden wieder aufgetaucht sei. Damit dies nicht mehr passiert, habe er nun eine Drohne mit Kamera, die er nach drei Stunden losschickt. Wahrscheinlich hat er sie an diesem Tag noch einmal gestartet, um die Familie mit Kind und Baby aufzuspüren.
bis 7. Oktober 2018
täglich geöffnet
3,50 € pro Person
Backumer Str. 416
45701 Herten
www.bauer-suedfeld.de
[Text und Fotos: Silke König]
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