
Es gibt im Ruhrgebiet nur eine Handvoll kreative Ideenfinder, die mit neuen Events für Andrang sorgen. Oliver Daniel Sopalla ist als Teil von Go Between einer der wenigen, der sich immer neue Konzepte ausdenkt und sie erfolgreich ins ganze Land exportiert. Wir haben ihn im Bochumer Tucholsky getroffen.
Es ist vor Weihnachten, fast alle Tische im Tucholsky sind reserviert. Wir finden noch eine Ecke „für eine knappe Stunde“ und drücken auf die Tube. Ein Interview mit Zeitbegrenzung ist schonmal keine so einfache Sache. Zudem bestellen wir etwas zu Essen: Wir fühlen uns fast wie Gefahrensucher.
Ja, ich bin in Herne geboren, aufgewachsen bin ich in einer klassischen Zechensiedlung. Ich habe bei der RAG gelernt. Heute lebe ich mit Frau und Kind in Herne. Hier mag ich besonders den Volkspark und den Gysenbergpark.
Ich habe Musik und BWL studiert und immer kreativ und wirtschaftlich gearbeitet. Entrepreneurship sagt man heute. Ich habe schon immer Festivals organisiert. Der Schaffensprozess ist so ähnlich wie beim Komponieren. Man hat ein Thema und fügt nach und nach verschiedene Komponenten zusammen. Unsere Veranstaltungen sind Eigenproduktionen und sie haben sehr oft mit Genuss zu tun.
Natürlich. Ich habe schon immer gerne gekocht, schon als Kind habe ich in der Küche experimentiert. Ich habe auch im Restaurant immer Sachen bestellt, die ich nicht kannte. Ich war immer an gutem Essen interessiert und am Austausch mit Köchen. Als Geschäftsführer des legendären FC Ruhrgebiet war ich dann an der Quelle und konnte meine Leidenschaften Marketing und Food miteinander verknüpfen. Wir haben damals ein Manifest zur Neuen Ruhrgebietsküche geschrieben, Stichwort Rennpferdcarpaccio, die Köche, allen voran Heinrich Wächter, waren auf allen Kanälen.
Eigentlich nicht. Ich habe hier mit 28 meine erste Firma gegründet. Im Ruhrgebiet lernt man ständig spannende Leute kennen. Als wir mit unserer Agentur immer weiter gewachsen sind und viel in Köln zu tun hatten, habe ich mal einen Umzug nach Köln angedacht. Aber dann kam die Kulturhauptstadt und wir hatten sehr sehr viele Aufträge hier. Also bin ich geblieben.
Von 2010 bis 2016 haben wir z. B. „Unter freiem Himmel“ gemacht. Das SunsetPicknick auf der Halde Hoheward stammt aus meiner Feder und wir haben das bis dato auch jedesmal organisiert. Leider ist das Event dieses Jahr ausgefallen. Mal schauen, ob es 2019 wieder klappt.
Das auch. In Punkto Wein war ich immer der Meinung, dass zu wenig getan wird für junge Menschen und Wein. Wir sind mit „Weine vor Freude“ seit 2013 unterwegs und arbeiten mit einer Vielzahl an jungen Winzern zusammen, die dem verstaubten Image des Weines entgegenwirken. Und es funktioniert: Auch wir sind mit unserem eigenen Wein sehr erfolgreich.
Genau. Anlässlich des 500. Jubiläums des Reinheitsgebots haben wir in Dortmund, der Bierstadt schlechthin, das erste Bierfestival gemacht. Es geht dabei nicht nur um Bier. Es geht insgesamt wieder um Genuss, der steht im Mittelpunkt. Es dreht sich aber auch alles um gutes Essen und dass sich Menschen treffen und eine gute Zeit haben. Auch Musik spielt eine große Rolle.
Stimmt. Das Konzept ist ein echter Exportschlager. Wir machen Bierfestivals auch in Köln, Münster, Gelsenkirchen, Essen, Bochum, Recklinghausen und Arnsberg. Die Mutter aller Bierfestival ist aber Dortmund. Deshalb haben wir auch gerade den Hopfen.Guide für Dortmund herausgebracht. Darin stehen spannende Infos zur Geschichte der Bierstadt und den wichtigsten Orten, es gibt 28 Gutscheine und ein geniales Bierkreuzworträtsel.
Auf jeden Fall. Man kann schon an einem Abend richtig sparen. Außerdem ist Dortmund immer eine Reise Wert.
Du meinst koks.digital? Das kann man halt nur hier im Ruhrgebiet machen. Es ist ja auch ein Event für Leute aus der Region.
Eigentlich wie bei allen anderen Ideen auch. Du siehst eine Lücke im Ruhrgebiet, etwas, das woanders schon gut funktioniert. Digitalkonferenzen gibt es ja z. B. in Hamburg oder Berlin. Dass wir hier wieder einen Nerv getroffen haben, zeigt sich an den Teilnehmerzahlen. 2018 waren es 400.
Hier gibt es eine Menge Chancen, der Strukturwandel hat auch sein Gutes. Die Infrastruktur ist super, die Dezentralität auch. Wer gründen will, findet hier günstige Räume, das Fachpersonal ist hier. Wir haben im Ruhrgebiet im IT-Bereich lange nicht so einen großen Fachkräftemangel wie in Berlin.
Zukunft ist, was die Menschen daraus machen. Wir müssen internationalen spielen. Die Grundbedingung dafür ist ein guter Nahverkehr. Das Thema autonomes Fahren wird die Diskussion um den Nahverkehr bei uns überholen.
Nein. Denn Bürokratie schafft sich Arbeit. Da wäre eine gemeinsam Verwaltung aus Sicht der Bürokratie kontraproduktiv.
Lieber Oliver, vielen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf viele tolle Events!
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